Wohnraum als Recht

Da eine Ware (commodity) durch Nutzwert und Tauschwert gekennzeichnet ist, stellt Wohnraum eine Ware dar: Die Wohnqualität definiert den Nutzwert, die Miete den Tauschwert. Sind Wohnqualität hoch und Miete gering, gilt Wohnraum als dekommodifiziert – andernfalls als kommodifiziert.

In dieser Hinsicht war Wohnraum in Wien im 18. und 19. Jahrhundert mit hohen Mieten und geringer Wohnqualität für weite Teile der Bevölkerung in hohem Maße kommodifiziert.

Das Rote Wien (Wohnbauprogramm der sozialdemokratischen Stadtregierung 1920–1934) schuf mit über 60.000 Wohnungen erstmals dekommodifizierten Wohnraum in der Stadt. Mit weiteren im Wohlfahrtsstaat der Nachkriegszeit errichteten 150.000 kommunalen Wohnungen konnte Wohnraum in Wien mehr als je zuvor oder danach als "Anrecht" verstanden werden.

Durch die Verlagerung auf geförderten statt kommunalen Wohnbau mit höheren Mieten sowie die Deregulierung von Mieten im privaten Wohnbau ist Wohnen in Wien etwa seit den 1970er Jahren wieder zunehmend kommodifiziert.

Diplom, 2016–17